Den Verlust eines nahestehenden Menschen zu verkraften, ist schwer. Wenn dieser Mensch durch die eigene Hand aus dem Leben geschieden ist, gestaltet sich der Prozess des Abschiednehmens aber häufig noch komplexer: Denn Trauer und Schmerz mischen sich in diesem Fall besonders kräftig mit Emotionen wie Wut und Schuld. Zwar sind diese Reaktionen im Trauerprozess keine Ausnahmeerscheinungen, die Frage nach dem Warum, die einem Suizid unweigerlich folgt, kann es aber erschweren, das starke Emotionsgemisch aufzulösen. Deshalb sollte schon in der Frühphase der Trauer unter professioneller Begleitung an der Bewältigung des tragischen Verlusts gearbeitet werden.
Hier ist es wichtig, allen Emotionen, die mit dem Todesfall verbunden sind, Raum und Gehör zu schenken. Werden gesellschaftlich unerwünschte oder weniger tolerierte Reaktionen wie Wut über die Tat oder Kränkung ob des Zurückgelassenseins unterdrückt, kann der Trauerprozess mitunter gar nicht zum Abschluss gebracht werden. Die Trauer droht dann pathologisch zu werden.
Suizid – ein Tabu in der Mitte der Gesellschaft?
2015 schieden in Österreich 1.249 Menschen durch Suizid aus dem Leben. Das sind mehr als zweieinhalb Mal so viele wie durch Verkehrsunfälle Getötete (2015: 475 Menschen). Die Zahl der Suizidversuche ist in dieser Statistik noch gar nicht berücksichtigt: Man schätzt, dass sie die Zahl der Todesfälle um das 10- bis 30-fache übertrifft.
Auch wenn die Größenordnungen belegen, dass wir uns ernsthaft mit dem Phänomen auseinandersetzen müssen, ist das Thema Suizid immer noch tabubehaftet. Hinterbliebene sind so oft mit einem verunsicherten Umfeld konfrontiert, dessen Reaktion häufig von Mitleid über Schweigen bis zur unterschwelligen Schuldzuweisungen pendelt. Dabei ist teilnahmsvolle Zuwendung und Offenheit für Menschen, die einen Suizidfall im Umfeld verarbeiten müssen, besonders wichtig. Das Thema nur hinter vorgehaltener Hand anzusprechen, kann von Hinterbliebenen sogar als stigmatisierend und eher belastend wahrgenommen werden.
Wie kann ich im konkreten Fall unterstützen?
Am besten, Sie bieten der betroffenen Person ein offenes Ohr und Raum für Gespräche an – ganz ohne die Situation zu bewerten und die Trauer abschwächen zu wollen. Denn ein Zurückdrängen von Emotionen ist im Trauerprozess generell kontraproduktiv.
Wenn Sie selbst nicht unterstützen können oder nicht an den/die Hinterbliebene herankommen, tun Sie jedenfalls gut daran, professionelle Hilfe zu vermitteln: Je nach Bedürfnislage des/der Betroffenen können verschiedene Unterstützungsangebote sinnvoll sein: das Spektrum reicht von Trauergruppen über spezielle Selbsthilfegruppen bis zur Aufarbeitung des Verlusts im Rahmen einer Therapie.
Sollten Sie Unterstützung bei der Klärung der Frage benötigen, welches Format in einem konkreten Fall in Frage kommen kann, wenden Sie ich gerne an kontakt@trauerpraxis.at.